Liechtensteinisches Landesgesetzblatt
Jahrgang 1921 Nr. 15 ausgegeben am 24.
Oktober 1921
Verfassung
des Fürstentums Liechtenstein
vom 5. Oktober 1921
Wir, Johann II. von Gottes Gnaden souveräner
Fürst zu Liechtenstein, Herzog zu Troppau, Graf zu Rietberg etc. etc.
etc. tun hiemit kund, dass von Uns die Verfassung vom 26. September 1862
mit Zustimmung Unseres Landtages in folgender Weise geändert worden
ist:
I. Hauptstück
Das
Fürstentum
Art. 1
1) Das Fürstentum Liechtenstein bildet
in der Vereinigung seiner beiden Landschaften Vaduz und Schellenberg ein
unteilbares und unveräusserliches Ganzes; die Landschaft Vaduz (Oberland)
besteht aus den Gemeinden Vaduz, Balzers, Planken, Schaan, Triesen und
Triesenberg, die Landschaft Schellenberg (Unterland) aus den Gemeinden
Eschen, Gamprin, Mauren, Ruggell und Schellenberg.
2) Vaduz ist der Hauptort und der Sitz
der Landesbehörden.
Art. 2
Das Fürstentum ist eine konstitutionelle
Erbmonarchie auf demokratischer und parlamentarischer Grundlage (Art. 79
und 80); die Staatsgewalt ist im Fürsten und im Volke verankert und
wird von beiden nach Massgabe der Bestimmungen dieser Verfassung ausgeübt.
Art. 3
Die im Fürstenhause Liechtenstein
erbliche Thronfolge, die Volljährigkeit des Landesfürsten und
des Erbprinzen sowie vorkommendenfalls die Vormundschaft werden durch die
Hausgesetze geordnet.
Art. 4
Die Änderung der Grenzen des Staatsgebietes
oder einzelner Gemeinden desselben, die Schaffung neuer und die Zusammenlegung
bestehender Gemeinden können nur durch ein Gesetz erfolgen.
Art. 5
Das Staatswappen ist das des Fürstenhauses
Liechtenstein; die Landesfarben sind blau-rot.
Art. 6
Die deutsche Sprache ist die Staats- und
Amtssprache.
II. Hauptstück
Vom
Landesfürsten
Art. 7
1) Der Landesfürst ist das Oberhaupt
des Staates und übt sein Recht an der Staatsgewalt in Gemässheit
der Bestimmungen dieser Verfassung und der übrigen Gesetze aus.
2) Seine Person ist geheiligt und unverletzlich.
Art. 8
1) Der Landesfürst vertritt, unbeschadet
der erforderlichen Mitwirkung der verantwortlichen Regierung, den Staat
in allen seinen Verhältnissen gegen auswärtige Staaten.
2) Staatsverträge, durch die Staatsgebiet
abgetreten oder Staatseigentum veräussert, über Staatshoheitsrechte
oder Staatsregale verfügt, eine neue Last auf das Fürstentum
oder seine Angehörigen übernommen oder eine Verpflichtung, durch
die den Rechten der Landesangehörigen Eintrag getan würde, eingegangen
werden soll, bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Zustimmung des
Landtages.
Art. 9
Jedes Gesetz bedarf zu seiner Gültigkeit
der Sanktion des Landesfürsten.
Art. 10
Der Landesfürst wird ohne Mitwirkung
des Landtages durch die Regierung die zur Vollstreckung und Handhabung
der Gesetze erforderlichen, sowie die aus dem Verwaltungs- und Aufsichtsrechte
fliessenden Einrichtungen treffen und die einschlägigen Verordnungen
erlassen (Art. 92). In dringenden Fällen wird er das Nötige zur
Sicherheit und Wohlfahrt des Staates vorkehren.
Art. 11
Der Landesfürst ernennt unter Beobachtung
der Bestimmungen dieser Verfassung die Staatsbeamten. Neue ständige
Beamtenstellen dürfen nur mit Zustimmung des Landtages geschaffen
werden.
Art. 12
1) Dem Landesfürsten steht das Recht
der Begnadigung, der Milderung und Umwandlung rechtskräftig zuerkannter
Strafen und der Niederschlagung eingeleiteter Untersuchungen zu.
2) Zugunsten eines wegen seiner Amtshandlungen
verurteilten Mitgliedes der Regierung wird der Fürst das Recht der
Begnadigung oder Strafmilderung nur auf Antrag des Landtages ausüben.
Art. 13
1) Jeder Regierungsnachfolger wird noch
vor Empfangnahme der Erbhuldigung unter Bezug auf die fürstlichen
Ehren und Würden in einer schriftlichen Urkunde aussprechen, dass
er das Fürstentum Liechtenstein in Gemässheit der Verfassung
und der übrigen Gesetze regieren, seine Integrität erhalten und
die landesfürstlichen Rechte unzertrennlich und in gleicher Weise
beobachten wird.
2) Aufgehoben
Art. 13bis
Der Landesfürst kann den nächsterbfolgeberechtigten
volljährigen Prinzen seines Hauses wegen vorübergehender Verhinderung
oder zur Vorbereitung für die Regierungsnachfolge als seinen Stellvertreter
mit der Ausübung ihm zustehender Hoheitsrechte betrauen.
III. Hauptstück
Von
den Staatsaufgaben
Art. 14
Die oberste Aufgabe des Staates ist die
Förderung der gesamten Volkswohlfahrt. In diesem Sinne sorgt der Staat
für die Schaffung und Wahrung des Rechtes und für den Schutz
der religiösen, sittlichen und wirtschaftlichen Interessen des Volkes.
Art. 15
Der Staat wendet seine besondere Sorgfalt
dem Erziehungs- und Bildungswesen zu. Dieses ist so einzurichten und zu
verwalten, dass aus dem Zusammenwirken von Familie, Schule und Kirche der
heranwachsenden Jugend eine religiös-sittliche Bildung, vaterländische
Gesinnung und künftige berufliche Tüchtigkeit zu eigen wird.
Art. 16
1) Das gesamte Erziehungs- und Unterrichtswesen
steht, unbeschadet der Unantastbarkeit der kirchlichen Lehre, unter staatlicher
Aufsicht.
2) Es besteht allgemeine Schulpflicht.
3) Der Staat sorgt dafür, dass der
obligatorische Unterricht in den Elementarfächern in genügendem
Ausmass in öffentlichen Schulen unentgeltlich erteilt wird.
4) Der Religionsunterricht wird durch die
kirchlichen Organe erteilt.
5) Niemand darf die unter seiner Aufsicht
stehende Jugend ohne den für die öffentlichen Elementarschulen
vorgeschriebenen Grad von Unterricht lassen.
6) Aufgehoben
7) Aufgehoben
8) Der Privatunterricht ist zulässig,
soferne er den gesetzlichen Bestimmungen über die Schulzeit, die Lehrziele
und die Einrichtungen in den öffentlichen Schulen entspricht.
Art. 17
1) Der Staat unterstützt und fördert
das Unterrichts- und Bildungswesen.
2) Er wird unbemittelten, gut veranlagten
Schülern den Besuch höherer Schulen durch Gewährung von
angemessenen Stipendien erleichtern.
Art. 18
Der Staat sorgt für das öffentliche
Gesundheitswesen, unterstützt die Krankenpflege und strebt auf gesetzlichem
Wege die Bekämpfung der Trunksucht sowie die Besserung von Trinkern
und arbeitsscheuen Personen an.
Art. 19
1) Der Staat schützt das Recht auf
Arbeit und die Arbeitskraft, insbesondere jene der in Gewerbe und Industrie
beschäftigten Frauen und jugendlichen Personen.
2) Der Sonntag und die staatlich anerkannten
Feiertage sind, unbeschadet gesetzlicher Regelung der Sonn- und Feiertagsruhe,
öffentliche Ruhetage.
Art. 20
1) Zur Hebung der Erwerbsfähigkeit
und zur Pflege seiner wirtschaftlichen Interessen fördert und unterstützt
der Staat Land- und Alpwirtschaft, Gewerbe und Industrie; er fördert
insbesondere die Versicherung gegen Schäden, die Arbeit und Güter
bedrohen und trifft Massregeln zur Bekämpfung solcher Schäden.
2) Er wendet seine besondere Sorgfalt einer
den modernen Bedürfnissen entsprechenden Ausgestaltung des Verkehrswesens
zu.
3) Er unterstützt die Rüfeverbauungen,
Aufforstungen und Entwässerungen und wird allen Bestrebungen zur Erschliessung
neuer Verdienstquellen sein Augenmerk und seine Förderung zuwenden.
Art. 21
Dem Staate steht das Hoheitsrecht über
die Gewässer nach Massgabe der hierüber bestehenden und zu erlassenden
Gesetze zu. Die Benützung, Leitung und Abwehr der Gewässer soll
auf gesetzlichem Wege unter Bedachtnahme auf die Entwicklung der Technik
geregelt und gefördert werden. Das Elektrizitätsrecht ist gesetzlich
zu regeln.
Art. 22
Der Staat übt die Hoheit über
Jagd, Fischerei und Bergwesen aus und schützt bei Erlassung der diesbezüglichen
Gesetze die Interessen der Landwirtschaft und der Gemeindefinanzen.
Art. 23
Die Regelung des Münz- und öffentlichen
Kreditwesens ist Sache des Staates.
Art. 24
1) Der Staat sorgt im Wege zu erlassender
Gesetze für eine gerechte Besteuerung unter Freilassung eines Existenzminimums
und mit stärkerer Heranziehung höherer Vermögen oder Einkommen.
2) Die finanzielle Lage des Staates ist
nach Tunlichkeit zu heben und es ist besonders auf die Erschliessung neuer
Einnahmsquellen zur Bestreitung der öffentlichen Bedürfnisse
Bedacht zu nehmen.
Art. 25
Das öffentliche Armenwesen ist Sache
der Gemeinden nach Massgabe der besonderen Gesetze. Der Staat übt
jedoch die Oberaufsicht hierüber aus. Er kann den Gemeinden, insbesonders
zur zweckmässigen Versorgung von Waisen, Geisteskranken, Unheilbaren
und Altersschwachen geeignete Beihilfen leisten.
Art. 26
Der Staat unterstützt und fördert
das Kranken-, Alters-, Invaliden- und Brandschadenversicherungswesen.
Art. 27
1) Der Staat sorgt für ein rasches,
das materielle Recht schützendes Prozess- und Vollstreckungsverfahren,
ebenso für eine den gleichen Grundsätzen angepasste Verwaltungsrechtspflege.
2) Die berufsmässige Ausübung
der Parteienvertretung ist gesetzlich zu regeln.
IV. Hauptstück
Von
den allgemeinen Rechten und Pflichten
der Landesangehörigen
Art. 28
1) Jeder Landesangehörige1 hat das
Recht, sich unter Beobachtung der näheren gesetzlichen Bestimmungen
an jedem Orte des Staatsgebietes frei niederzulassen und Vermögen
jeder Art zu erwerben.
2) Die Niederlassungsrechte der Ausländer
werden durch die Staatsverträge, allenfalls durch das Gegenrecht bestimmt.
3) Der Aufenthalt innerhalb der Grenzen
des Fürstentums verpflichtet zur Beobachtung der Gesetze desselben
und begründet den Schutz nach der Verfassung und den übrigen
Gesetzen.
Art. 29
1) Die staatsbürgerlichen Rechte stehen
jedem Landesangehörigen1 nach den Bestimmungen dieser Verfassung zu.
2) In Landesangelegenheiten stehen die
politischen Rechte allen Landesangehörigen1 zu, die das 20. Lebensjahr
vollendet, im Lande ordentlichen Wohnsitz haben und nicht im Wahl- und
Stimmrecht eingestellt sind.
Art. 30
Über Erwerb und Verlust des Staatsbürgerrechtes
bestimmen die Gesetze.
Art. 31
1) Alle Landesangehörigen sind vor
dem Gesetze gleich. Die öffentlichen Ämter sind ihnen unter Einhaltung
der gesetzlichen Bestimmungen gleich zugänglich.
2) Mann und Frau sind gleichberechtigt.,
3) Die Rechte der Ausländer werden
zunächst durch die Staatsverträge und in Ermangelung solcher
durch das Gegenrecht bestimmt.
Art. 32
1) Die Freiheit der Person, das Hausrecht
und das Brief- und Schriftengeheimnis sind gewährleistet.
2) Ausser den vom Gesetze bestimmten Fällen
und der durch das Gesetz bestimmten Art und Weise darf weder jemand verhaftet
oder in Haft behalten, noch eine Hausdurchsuchung oder Durchsuchung von
Personen, Briefen oder Schriften oder eine Beschlagnahme von Briefen oder
Schriften vorgenommen werden.
3) Ungesetzlich oder erwiesenermassen unschuldig
Verhaftete und unschuldig Verurteilte haben Anspruch auf volle vom Staate
zu leistende, gerichtlich zu bestimmende Entschädigung. Ob und inwieweit
dem Staate ein Rückgriffsrecht gegen Dritte zusteht, bestimmen die
Gesetze.
Art. 33
1) Niemand darf seinem ordentlichen Richter
entzogen, Ausnahmsgerichte dürfen nicht eingeführt werden.
2) Strafen dürfen nur in Gemässheit
der Gesetze angedroht oder verhängt werden.
3) In allen Strafsachen ist dem Angeschuldigten
das Recht der Verteidigung gewährleistet.
Art. 34
1) Die Unverletzlichkeit des Privateigentums
ist gewährleistet; Konfiskationen finden nur in den vom Gesetze bestimmten
Fällen statt.
2) Das Urheberrecht ist gesetzlich zu regeln.
Art. 35
1) Wo es das öffentliche Wohl erheischt,
kann die Abtretung oder Belastung jeder Art von Vermögen gegen angemessene,
streitigenfalls durch den Richter festzusetzende Schadloshaltung verfügt
werden.
2) Das Enteignungsverfahren wird durch
das Gesetz bestimmt.
Art. 36
Handel und Gewerbe sind innerhalb der gesetzlichen
Schranken frei; die Zulässigkeit ausschliesslicher Handels- und Gewerbeprivilegien
für eine bestimmte Zeit wird durch das Gesetz geregelt.
Art. 37
1) Die Glaubens- und Gewissensfreiheit
ist jedermann gewährleistet.
2) Die römisch-katholische Kirche
ist die Landeskirche und geniesst als solche den vollen Schutz des Staates;
anderen Konfessionen ist die Betätigung ihres Bekenntnisses und die
Abhaltung ihres Gottesdienstes innerhalb der Schranken der Sittlichkeit
und der öffentlichen Ordnung gewährleistet.
Art. 38
Das Eigentum und alle anderen Vermögensrechte
der Religionsgesellschaften und religiösen Vereine an ihren für
Kultus-, Unterrichts- und Wohltätigkeitszwecke bestimmten Anstalten,
Stiftungen und sonstigen Vermögenheiten sind gewährleistet. Die
Verwaltung des Kirchengutes in den Kirchgemeinden wird durch ein besonderes
Gesetz geregelt; vor dessen Erlassung ist das Einvernehmen mit der kirchlichen
Behörde
zu pflegen.
Art. 39
Der Genuss der staatsbürgerlichen
und politischen Rechte ist vom Religionsbekenntnisse unabhängig; den
staatsbürgerlichen Pflichten darf durch denselben kein Abbruch geschehen.
Art. 40
Jedermann hat das Recht, durch Wort, Schrift,
Druck oder bildliche Darstellung innerhalb der Schranken des Gesetzes und
der Sittlichkeit seine Meinung frei zu äussern und seine Gedanken
mitzuteilen; eine Zensur darf nur öffentlichen Aufführungen und
Schaustellungen gegenüber stattfinden.
Art. 41
Das freie Vereins- und Versammlungsrecht
ist innerhalb der gesetzlichen Schranken gewährleistet.
Art. 42
Das Petitionsrecht an den Landtag und den
Landesausschuss ist gewährleistet und es steht nicht nur einzelnen
in ihren Rechten oder Interessen Betroffenen, sondern auch Gemeinden und
Korporationen zu, ihre Wünsche und Bitten durch ein Mitglied des Landtages
daselbst vorbringen zu lassen.
Art. 43
Das Recht der Beschwerdeführung ist
gewährleistet. Jeder Landesangehörige ist berechtigt, über
das seine Rechte oder Interessen benachteiligende verfassungs-, gesetz-
oder verordnungswidrige Benehmen oder Verfahren einer Behörde bei
der ihr unmittelbar vorgesetzten Stelle Beschwerde zu erheben und dies
nötigenfalls bis zur höchsten Stelle zu verfolgen, soweit nicht
eine gesetzliche Beschränkung des Rechtsmittelzuges entgegensteht.
Wird die eingebrachte Beschwerde von der vorgesetzten Stelle verworfen,
so ist diese verpflichtet, dem Beschwerdeführer die Gründe ihrer
Entscheidung zu eröffnen.
Art. 44
1) Jeder Waffenfähige ist bis zum
zurückgelegten 60. Lebensjahre im Falle der Not zur Verteidigung des
Vaterlandes verpflichtet.
2) Ausser diesem Falle dürfen bewaffnete
Formationen nur insoweit gebildet und erhalten werden, als es zur Versehung
des Polizeidienstes und zur Aufrechterhaltung der Ordnung im Innern notwendig
erscheint. Die näheren Bestimmungen hierüber trifft die Gesetzgebung.
V. Hauptstück
Vom
Landtage
Art. 45
1) Der Landtag ist das gesetzmässige
Organ der Gesamtheit der Landesangehörigen und als solches berufen,
nach den Bestimmungen dieser Verfassung die Rechte und Interessen des Volkes
im Verhältnis zur Regierung wahrzunehmen und geltend zu machen und
das Wohl des Fürstlichen Hauses und des Landes mit treuer Anhänglichkeit
an die in dieser Verfassung niedergelegten Grundsätze möglichst
zu fördern.
2) Die dem Landtage zukommenden Rechte
können nur in der gesetzlich konstituierten Versammlung desselben
ausgeübt werden.
Art. 46
1) Der Landtag besteht aus 25 Abgeordneten,
die vom Volke im Wege des allgemeinen, gleichen, geheimen und direkten
Stimmrechtes nach dem Verhältniswahlsystem gewählt werden. Das
Oberland und Unterland bilden je einen Wahlbezirk. Von den 25 Abgeordneten
entfallen 15 auf das Oberland und 10 auf das Unterland.
2) Mit den 25 Abgeordneten werden in jedem
Wahlbezirk auch stellvertretende Abgeordnete gewählt. Auf jeweils
drei Abgeordnete in einem Wahlbezirk steht jeder Wählergruppe ein
stellvertretender Abgeordneter zu, jedoch mindestens einer, wenn eine Wählergruppe
in einem Wahlkreis ein Mandat erreicht.
3) Die Mandatszuteilung erfolgt unter den
Wählergruppen, die wenigstens acht Prozent der im ganzen Land abgegebenen
gültigen Stimmen erreicht haben.
4) Das Nähere über die Durchführung
der Wahl wird durch ein besonderes Gesetz geregelt.
Art. 47
1) Die Mandatsdauer zum Landtag beträgt
vier Jahre mit der Massgabe, dass die ordentlichen Landtagswahlen jeweils
im Februar oder März jenes Kalenderjahres stattfinden, in welches
das Ende des vierten Jahres fällt. Wiederwahl ist zulässig.
2) Die Versammlung der Wählergruppen,
welcher ein Abgeordneter zugehört, hat das Recht, über Antrag
der Fraktion der betreffenden Wählergruppe den Abgeordneten aus wichtigen
Gründen aus dem Landtage abzuberufen.
Art. 48
1) Der Landesfürst hat, mit der im
folgenden Absatze normierten Ausnahme, das Recht, den Landtag einzuberufen,
zu schliessen und aus erheblichen Gründen, die der Versammlung jedesmal
mitzuteilen sind, auf drei Monate zu vertagen oder ihn aufzulösen.
Eine Vertagung, Schliessung oder Auflösung kann nur vor dem versammelten
Landtage ausgesprochen werden.
2) Über begründetes, schriftliches
Verlangen von wenigstens 1 000 wahlberechtigten Landesbürgern oder
über Gemeindeversammlungsbeschluss von mindestens drei Gemeinden ist
der Landtag einzuberufen.
3) Unter den gleichen Voraussetzungen wie
in vorstehendem Absatze können 1 500 wahlberechtigte Landesbürger
oder vier Gemeinden durch Gemeindeversammlungsbeschlüsse eine Volksabstimmung
über die Auflösung des Landtages verlangen.
Art. 49
1) Die regelmässige Einberufung des
Landtages findet zu Anfang eines jeden Jahres mittelst landesfürstlicher
Verordnung unter Bezeichnung von Ort, Tag und Stunde der Versammlung statt.
2) Innerhalb des Jahres ordnet der Präsident
die Sitzungen an.
3) Nach Ablauf einer Vertagungsfrist hat
die Wiedereinberufung innerhalb eines Monates durch fürstliche Verordnung
zu geschehen.
4) Die stellvertretenden Abgeordneten haben
bei Behinderung eines Abgeordneten ihrer Wählergruppe an einzelnen
oder mehreren aufeinanderfolgenden Sitzungen in Stellvertretung des verhinderten
Abgeordneten mit Sitz und Stimme teilzunehmen.
Art. 50
Wird der Landtag aufgelöst, so muss
binnen sechs Wochen eine neue Wahl angeordnet werden. Die neugewählten
Abgeordneten sind sodann binnen 14 Tagen einzuberufen.
Art. 51
1) Im Falle eines Thronwechsels ist der
Landtag innerhalb 30 Tagen zu einer ausserordentlichen Sitzung zwecks Entgegennahme
der im Art. 13 vorgesehenen Erklärung des Regierungsnachfolgers und
Leistung der Erbhuldigung einzuberufen.
2) Ist eine Auflösung vorhergegangen,
so sind die Neuwahlen so zu beschleunigen, dass die Einberufung spätestens
auf den vierzigsten Tag nach eingetretener Regierungsveränderung erfolgen
kann.
Art. 52
1) Der Landtag wählt in seiner ersten
gesetzmässig einberufenen Sitzung unter Leitung eines Altersvorsitzenden
für das laufende Jahr zur Leitung der Geschäfte aus seiner Mitte
einen Präsidenten und einen Stellvertreter desselben.
2) Aufgehoben
Art. 53
Die Abgeordneten haben auf die ergangene
Einberufung persönlich am Sitze der Regierung zu erscheinen. Ist ein
Abgeordneter am Erscheinen verhindert, so hat er unter Angabe des Hinderungsgrundes
rechtzeitig die Anzeige bei der ersten Einberufung an die Regierung und
hernach an den Präsidenten zu erstatten. Ist das Hindernis bleibend,
so hat eine Ergänzungswahl stattzufinden, falls nach dem Nachrückungssystem
kein Ersatz geschaffen werden kann.
Art. 54
1) Der Landtag wird vom Landesfürsten
in eigener Person oder durch einen Bevollmächtigten mit angemessener
Feierlichkeit eröffnet. Sämtliche neu eingetretene Mitglieder
legen folgenden Eid in die Hände des Fürsten oder seines Bevollmächtigten
ab:
"Ich gelobe, die Staatsverfassung und die
bestehenden Gesetze zu halten und in dem Landtage das Wohl des Vaterlandes
ohne Nebenrücksichten nach bestem Wissen und Gewissen zu fördern,
so wahr mir Gott helfe!"
2) Später eintretende Mitglieder legen
diesen Eid in die Hände des Präsidenten ab.
Art. 55
Der Landtag wird vom Fürsten in eigener
Person oder durch einen Bevollmächtigten geschlossen.
Art. 56
1) Kein Abgeordneter darf während
der Dauer der Sitzungsperiode ohne Einwilligung des Landtages verhaftet
werden, den Fall der Ergreifung auf frischer Tat ausgenommen.
2) Im letzteren Falle ist die Verhaftung
unter Angabe ihres Grundes unverzüglich zur Kenntnis des Landtages
zu bringen, welcher über die Aufrechterhaltung der Haft entscheidet.
Auf sein Verlangen sind ihm die den Fall betreffenden Akten sofort zur
Verfügung zu stellen.
3) Erfolgt die Verhaftung eines Abgeordneten
zu einer Zeit, während welcher der Landtag nicht versammelt ist, so
ist hievon ungesäumt dem Landesausschusse mit Angabe des Grundes Mitteilung
zu machen.
Art. 57
1) Die Mitglieder des Landtages stimmen
einzig nach ihrem Eid und ihrer Überzeugung. Sie sind für ihre
Abstimmungen niemals, für ihre in den Sitzungen des Landtages oder
seiner Kommissionen gemachten Äusserungen aber nur dem Landtage verantwortlich
und können hiefür niemals gerichtlich belangt werden.
2) Die Regelung der Disziplinargewalt bleibt
der zu erlassenden Geschäftsordnung vorbehalten.
Art. 58
1) Zu einem gültigen Beschluss des
Landtages ist die Anwesenheit von wenigstens zwei Dritteln der gesetzlichen
Zahl der Abgeordneten und die absolute Stimmenmehrheit unter den anwesenden
Mitgliedern erforderlich, soweit in dieser Verfassung oder in der Geschäftsordnung
nicht etwas anderes bestimmt wird. Das gleiche gilt für Wahlen, die
der Landtag vorzunehmen hat.
2) Bei Stimmengleichheit entscheidet der
Vorsitzende, und zwar bei Wahlen nach dreimaliger, in allen anderen Angelegenheiten
nach einmaliger Abstimmung.
Art. 59
1) Über Wahlbeschwerden entscheidet
der Staatsgerichtshof.
2) Der Landtag prüft die Gültigkeit
der Wahl seiner Mitglieder und der Wahl als solcher auf Grund der Wahlprotokolle
und auf Grund etwaiger Entscheidung des Staatsgerichtshofes (Validierung).
Art. 60
Der Landtag setzt beschlussweise unter
Beobachtung der Bestimmungen dieser Verfassung seine Geschäftsordnung
fest.
Art. 61
Die Abgeordneten erhalten aus der Landeskasse
die durch das Gesetz zu bestimmenden Entschädigungen und Reisevergütungen.
Art. 62
Zur Wirksamkeit des Landtages gehören
vorzugsweise folgende Gegenstände:
a) die verfassungsmässige Mitwirkung
an der Gesetzgebung;
b) die Mitwirkung bei Abschliessung von
Staatsverträgen (Art. 8);
c) die Festsetzung des jährlichen
Voranschlages und die Bewilligung von Steuern und anderen öffentlichen
Abgaben;
d) die Beschlussfassung über Kredite,
Bürgschaften und Anleihen zu Lasten des Landes sowie über den
An- und Verkauf von Staatsgütern;
e) die Beschlussfassung über den alljährlich
von der Regierung über die gesamte Staatsverwaltung zu erstattenden
Rechenschaftsbericht;
f) die Antragstellung und Beschwerdeführung
bezüglich der Staatsverwaltung überhaupt sowie einzelner Zweige
derselben;
g) die Erhebung der Anklage gegen Mitglieder
der Regierung wegen Verletzung der Verfassung oder sonstiger Gesetze vor
dem Staatsgerichtshof.
Art. 63
1) Dem Landtag steht das Recht der Kontrolle
über die gesamte Staatsverwaltung unter Einschluss der Justizverwaltung
zu; er übt dieses Recht durch eine von ihm zu wählende Geschäftsprüfungskommission
aus.
2) Es bleibt ihm jederzeit unbenommen,
von ihm wahrgenommene Mängel oder Missbräuche in der Staatsverwaltung
im Wege der Vorstellung oder Beschwerde direkt zur Kenntnis des Landesfürsten
zu bringen und ihre Abstellung zu beantragen. Das Ergebnis der hierüber
einzuleitenden Untersuchung und die auf Grund derselben getroffene Verfügung
ist dem Landtage zu eröffnen.
3) Aufgehoben
4) Der Regierungsvertreter muss gehört
werden und ist verpflichtet, Interpellationen der Abgeordneten zu beantworten.
Art. 63bis
Der Landtag hat das Recht, Untersuchungskommissionen
zu bestellen. Er ist dazu verpflichtet, wenn wenigstens ein Viertel der
gesetzlichen Zahl der Abgeordneten es beantragt.
Art. 64
1) Das Recht der Initiative in der Gesetzgebung,
d. h. zur Einbringung von Gesetzesvorschlägen steht zu:
a) dem Landesfürsten in der Form von
Regierungsvorlagen;
b) dem Landtage selbst;
c) den wahlberechtigten Landesbürgern
nach Massgabe folgender Bestimmungen.
2) Wenn wenigstens 1 000 wahlberechtigte
Landesbürger, deren Unterschrift und Stimmberechtigung von der Gemeindevorstehung
ihres Wohnsitzes beglaubigt ist, schriftlich oder wenigstens drei Gemeinden
in Form übereinstimmender Gemeindeversammlungsbeschlüsse das
Begehren um Erlassung, Abänderung oder Aufhebung eines Gesetzes stellen,
so ist dieses Begehren in der darauffolgenden Sitzung des Landtages in
Verhandlung zu ziehen.
3) Ist das Begehren eines der unter a bis
c erwähnten Organe auf Erlassung eines nicht schon durch diese Verfassung
vorgesehenen Gesetzes gerichtet, aus dessen Durchführung dem Lande
entweder eine einmalige im Finanzgesetz nicht schon vorgesehene oder eine
länger andauernde Belastung erwächst, so ist das Begehren nur
dann vom Landtage in Verhandlung zu ziehen, wenn es zugleich auch mit einem
Bedeckungsvorschlage versehen ist.
4) Ein die Verfassung betreffendes Initiativbegehren
kann nur von wenigstens 1 500 wahlberechtigten Landesbürgern oder
wenigstens vier Gemeinden gestellt werden.
5) Die näheren Bestimmungen über
diese Volksinitiative werden durch ein Gesetz getroffen.
Art. 65
1) Ohne Mitwirkung des Landtages darf kein
Gesetz gegeben, abgeändert oder authentisch erklärt werden. Zur
Gültigkeit eines jeden Gesetzes ist ausser der Zustimmung des Landtages
die Sanktion des Landesfürsten, die Gegenzeichnung des verantwortlichen
Regierungschefs oder seines Stellvertreters und die Kundmachung im Landesgesetzblatte
erforderlich.
2) Überdies findet nach Massgabe der
Anordnungen des folgenden Paragraphen eine Volksabstimmung (Referendum)
statt.
Art. 66
1) Jedes vom Landtag beschlossene, von
ihm nicht als dringlich erklärte Gesetz, ebenso jeder von ihm nicht
als dringlich erklärte Finanzbeschluss, sofern er eine einmalige neue
Ausgabe von mindestens 300 000 Franken oder eine jährliche Neuausgabe
von 150 000 Franken verursacht, unterliegt der Volksabstimmung, wenn der
Landtag eine solche beschliesst oder wenn innerhalb von 30 Tagen nach amtlicher
Verlautbarung des Landtagsbeschlusses wenigstens 1 000 wahlberechtigte
Landesbürger oder wenigstens drei Gemeinden in der in Art. 64 vorgesehenen
Weise ein darauf gerichtetes Begehren stellen.
2) Handelt es sich um die Verfassung im
ganzen oder um einzelne Teile derselben, so ist hiezu das Verlangen von
wenigstens 1 500 wahlberechtigten Landesbürgern oder von wenigstens
vier Gemeinden erforderlich.
3) Der Landtag ist befugt, über die
Aufnahme einzelner Grundsätze in ein zu erlassendes Gesetz eine Volksabstimmung
zu veranlassen.
4) Die Volksabstimmung erfolgt gemeindeweise;
die absolute Mehrheit der im ganzen Lande gültig abgegebenen Stimmen
entscheidet über Annahme oder Ablehnung des Gesetzesbeschlusses.
5) Dem Referendum unterliegende Gesetzesbeschlüsse
werden erst nach Durchführung der Volksabstimmung beziehungsweise
nach fruchtlosem Ablauf der für die Stellung des Begehrens nach Vornahme
einer Volksabstimmung normierten dreissigtägigen Frist dem Landesfürsten
zur Sanktion vorgelegt.
6) Hat der Landtag einen ihm im Wege der
Volksinitiative (Art. 64 Bst. c) zugegangenen ausgearbeiteten und erforderlichenfalls
mit einem Bedeckungsvorschlag versehenen Gesetzentwurf abgelehnt, so ist
derselbe der Volksabstimmung zu unterziehen. Die Annahme des Entwurfes
durch die wahlberechtigten Landesbürger vertritt in diesem Falle den
sonst zur Annahme eines Gesetzes erforderlichen Beschluss des Landtages.
7) Die näheren Bestimmungen über
das Referendum werden im Wege eines Gesetzes getroffen.
Art. 66bis
1) Jeder Landtagsbeschluss, der die Zustimmung
zu einem Staatsvertrag (Art. 8) zum Gegenstand hat, unterliegt der Volksabstimmung,
wenn der Landtag eine solche beschliesst oder wenn innerhalb von 30 Tagen
nach der amtlichen Verlautbarung des Landtagsbeschlusses wenigstens 1 500
wahlberechtigte Landesbürger oder wenigstens vier Gemeinden in der
in Art. 64 vorgesehenen Weise ein darauf gerichtetes Begehren stellen.
2) In der Volksabstimmung entscheidet die
absolute Mehrheit der im ganzen Land gültig abgegebenen Stimmen über
die Annahme oder Ablehnung des Landtagsbeschlusses.
3) Die näheren Bestimmungen über
dieses Referendum werden durch ein Gesetz getroffen.
Art. 67
1) Wenn in einem Gesetze nichts anderes
bestimmt ist, tritt es nach Verlauf von acht Tagen nach erfolgter Kundmachung
im Landesgesetzblatte in Wirksamkeit.
2) Die Art und der Umfang der Kundmachung
von Gesetzen, Finanzbeschlüssen, Staatsverträgen, Verordnungen,
Beschlüssen internationaler Organisationen und der aufgrund von Staatsverträgen
anwendbaren Rechtsvorschriften werden im Wege der Gesetzgebung geregelt.
Für die im Fürstentum Liechtenstein aufgrund von Staatsverträgen
anwendbaren Rechtsvorschriften kann eine Kundmachung in vereinfachter Form,
wie insbesondere eine Verweispublikation auf ausländische Rechtssammlungen,
eingerichtet werden.
3) Die aufgrund des Abkommens vom 2. Mai
1992 über den Europäischen Wirtschaftsraum für Liechtenstein
geltenden und in Zukunft in Kraft tretenden Rechtsvorschriften werden in
einer EWR-Rechtssammlung kundgemacht. Die Art und der Umfang der Kundmachung
in der EWR-Rechtssammlung werden im Wege der Gesetzgebung geregelt.
Art. 68
1) Ohne Bewilligung des Landtages darf
keine direkte oder indirekte Steuer, noch irgendeine sonstige Landesabgabe
oder allgemeine Leistung, welchen Namen sie haben möge, ausgeschrieben
oder erhoben werden. Die erteilte Bewilligung ist bei der Steuerausschreibung
ausdrücklich zu erwähnen.
2) Auch die Art der Umlegung und Verteilung
aller öffentlichen Abgaben und Leistungen auf Personen und Gegenstände
sowie ihre Erhebungsweise erfordern die Zustimmung des Landtages.
3) Die Bewilligung von Steuern und Abgaben
erfolgt in der Regel für ein Verwaltungsjahr.
Art. 69
1) In Bezug auf die Landesverwaltung ist
dem Landtage für das nächstfolgende Verwaltungsjahr von der Regierung
ein Voranschlag über sämtliche Ausgaben und Einnahmen zur Prüfung
und Beistimmung zu übergeben, womit der Antrag auf die zu erhebenden
Abgaben zu verbinden ist.
2) Für jedes abgelaufene Verwaltungsjahr
hat die Regierung in der ersten Hälfte des folgenden Verwaltungsjahres
dem Landtag eine genaue Nachweisung über die nach Massgabe des Voranschlages
geschehene Verwendung der bewilligten und erhobenen Einnahmen mitzuteilen,
vorbehaltlich der Genehmigung von gerechtfertigten und der Verantwortlichkeit
der Regierung bei nicht gerechtfertigten Überschreitungen.
3) Unter dem gleichen Vorbehalte ist die
Regierung berechtigt, im Voranschlage nicht vorgesehene, dringliche Ausgaben
zu machen.
4) Etwaige Ersparnisse in den einzelnen
Positionen des Voranschlages dürfen nicht zur Deckung des Mehraufwandes
in anderen Positionen verwendet werden.
Art. 70
Der Landtag hat in Übereinstimmung
mit dem Landesfürsten über die Aktiven der Landeskasse zu verfügen.
VI. Hauptstück
Vom
Landesausschusse
Art. 71
Für die Zeit zwischen einer Vertagung,
Schliessung oder Auflösung des Landtages und seinem Wiederzusammentreten
besteht, unbeschadet der Bestimmungen der Art. 48 bis 51 über die
Fristen zur Wiedereinberufung bezw. Neuwahl, an Stelle des Landtages zur
Besorgung der seiner Mitwirkung oder jener seiner Kommissionen bedürftigen
Geschäfte der Landesausschuss.
Art. 72
1) Der Landesausschuss besteht aus dem
bisherigen Landtagspräsidenten, der im Verhinderungsfalle durch seinen
Stellvertreter ersetzt wird, und aus vier vom Landtage aus seiner Mitte
unter gleichmässiger Berücksichtigung des Ober- und des Unterlandes
zu wählenden weiteren Mitgliedern.
2) Zu dieser Wahl ist dem Landtage noch
in jener Sitzung, in der seine Vertagung, Schliessung oder Auflösung
ausgesprochen wird, unter allen Umständen Gelegenheit zu geben.
Art. 73
Die Mandatsdauer des Landesausschusses
erlischt mit dem Wiederzusammentritte des Landtages.
Art. 74
Der Landesausschuss ist insbesonders berechtigt
und verpflichtet:
a) darauf zu achten, dass die Verfassung
aufrechterhalten, die Vollziehung der Landtagserledigungen besorgt und
der Landtag bei vorausgegangener Auflösung oder Vertagung rechtzeitig
wieder einberufen wird;
b) die Landeskassenrechnung zu prüfen
und dieselbe mit seinem Bericht und seinen Anträgen an den Landtag
zu leiten;
c) die auf die Landeskasse unter Bezug
auf einen vorausgegangenen Landtagsbeschluss auszustellenden Schuld- und
Pfandverschreibungen mit zu unterzeichnen;
d) die vom Landtag erhaltenen besonderen
Aufträge zur Vorbereitung künftiger Landtagsverhandlungen zu
erfüllen;
e) in dringenden Fällen Anzeige an
den Landesfürsten zu erstatten und bei Bedrohung oder Verletzung verfassungsmässiger
Rechte Vorstellungen, Verwahrungen und Beschwerden zu erheben;
f) nach Erfordernis der Umstände die
Einberufung des Landtages zu beantragen.
Art. 75
Der Landesausschuss kann keine bleibende
Verbindlichkeit für das Land eingehen und ist dem Landtage für
seine Geschäftsführung verantwortlich.
Art. 76
1) Die Sitzungen des Landesausschusses
finden nach Bedarf über Einberufung durch den Präsidenten am
Sitze der Regierung statt.
2) Zur Gültigkeit seiner Beschlüsse
ist die Anwesenheit von mindestens drei Mitgliedern erforderlich.
Art. 77
Die Mitglieder des Landesausschusses beziehen
während ihrer Sitzungen die nämlichen Taggelder und Reisevergütungen
wie die Abgeordneten.
VII. Hauptstück
Von
den Behörden
A. Die Regierung
Art. 78
1) Die gesamte Landesverwaltung wird unter
Vorbehalt der nachfolgenden Bestimmungen dieses Artikels durch die dem
Landesfürsten und dem Landtag verantwortliche Kollegialregierung in
Gemässheit der Bestimmungen dieser Verfassung und der übrigen
Gesetze besorgt.
2) Durch Gesetz oder kraft gesetzlicher
Ermächtigung können bestimmte Geschäfte einzelnen Amtspersonen,
Amtsstellen oder besonderen Kommissionen, unter Vorbehalt des Rechtszuges
an die Kollegialregierung, zur selbständigen Erledigung übertragen
werden.
3) Durch Gesetz können besondere Kommissionen
für die Entscheidung von Beschwerden an Stelle der Kollegialregierung
eingesetzt werden.
4) Zur Besorgung wirtschaftlicher, sozialer
und kultureller Aufgaben können durch Gesetz besondere Körperschaften,
Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts errichtet werden,
die unter der Oberaufsicht der Regierung stehen.
Art. 79
1) Die Kollegialregierung besteht aus dem
Regierungschef und vier Regierungsräten.
2) Der Regierungschef und die Regierungsräte
werden vom Landesfürsten einvernehmlich mit dem Landtage auf dessen
Vorschlag ernannt. In gleicher Weise ist für den Regierungschef und
die Regierungsräte je ein Stellvertreter zu ernennen, der im Falle
der Verhinderung das betreffende Regierungsmitglied in den Sitzungen der
Kollegialregierung vertritt.
3) Einer der Regierungsräte wird auf
Vorschlag des Landtages vom Landesfürsten zum Regierungschef-Stellvertreter
ernannt.
4) Die Regierungsmitglieder müssen
gebürtige Liechtensteiner und zum Landtag wählbar sein.
5) Bei der Bestellung der Kollegialregierung
ist darauf Rücksicht zu nehmen, dass auf jede der beiden Landschaften
wenigstens zwei Mitglieder entfallen. Ihre Stellvertreter sind der gleichen
Landschaft zu entnehmen.
6) Die Amtsperiode der Kollegialregierung
beträgt vier Jahre. Bis zur Neuernennung haben die bisherigen Regierungsmitglieder
die Geschäfte verantwortlich weiterzuführen.
Art. 80
Wenn ein Mitglied der Regierung durch seine
Amtsführung das Vertrauen des Landtages verliert, so kann dieser,
unbeschadet seines Rechts auf Erhebung der Anklage vor dem Staatsgerichtshof,
beim Landesfürsten die Amtsenthebung des betreffenden Regierungsmitgliedes
beantragen.
Art. 81
Zu einem gültigen Beschluss der Kollegialregierung
ist die Anwesenheit von wenigstens vier Mitgliedern und die Stimmenmehrheit
unter den anwesenden Mitgliedern erforderlich. Bei Stimmengleichheit entscheidet
der Vorsitzende. Es besteht Stimmzwang.
Art. 82
Im Wege der Gesetzgebung wird bestimmt,
aus welchen Gründen ein Mitglied der Regierung von der Vornahme einer
Amtshandlung ausgeschlossen ist oder abgelehnt werden kann.
Art. 83
Die Geschäftsbehandlung durch die
Regierung ist teils eine kollegiale, teils eine ressortmässige.
Art. 84
Die Kollegialregierung erlässt im
Verordnungswege ihre Geschäftsordnung.
Art. 85
Der Regierungschef führt den Vorsitz
in der Regierung. Er besorgt die ihm unmittelbar vom Fürsten übertragenen
Geschäfte und die Gegenzeichnung der Gesetze sowie der vom Fürsten
oder einer Regentschaft ausgehenden Erlässe und Verordnungen und geniesst
bei öffentlichen Feierlichkeiten die dem Repräsentanten des Landesfürsten
vorschriftsgemäss zustehenden Vorzüge.
Art. 86
1) Der Regierungschef hat über die
der landesherrlichen Verfügung unterstellten Gegenstände dem
Landesfürsten Vortrag zu halten beziehungsweise Bericht zu erstatten.
2) Die Ausfertigungen der über seinen
Antrag ergehenden landesherrlichen Resolutionen erhalten die eigenhändige
Unterschrift des Landesherrn und überdies die Gegenzeichnung des Regierungschefs.
Art. 87
Der Regierungschef legt den Diensteid in
die Hände des Landesfürsten oder des Regenten ab; die übrigen
Mitglieder der Regierung und die Staatsangestellten werden vom Regierungschef
in Eid und Pflicht genommen.
Art. 88
Bei Verhinderung des Regierungschefs tritt
der Regierungschef-Stellvertreter in die Funktionen ein, die durch die
Verfassung ausdrücklich dem Regierungschef übertragen sind. Ist
auch der Regierungschef-Stellvertreter verhindert, so tritt für ihn
der an Jahren ältere Regierungsrat ein.
Art. 89
Der Regierungschef unterzeichnet die von
der Regierung auf Grund kollegialer Behandlung ausgehenden Erlässe
und Verfügungen; ihm steht auch die unmittelbare Überwachung
des Geschäftsganges in der Regierung zu.
Art. 90
1) Alle wichtigeren, der Regierung zur
Behandlung zugewiesenen Angelegenheiten, insbesondere die Erledigung der
Verwaltungsstreitsachen, unterliegen der Beratung und Beschlussfassung
der Kollegialregierung. Bestimmte minder wichtige Geschäfte können
durch Gesetz den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Regierungsmitgliedern
zur selbständigen Erledigung übertragen werden.
2) Über die Sitzungen ist durch den
Regierungssekretär, im Verhinderungsfall durch einen von der Kollegialregierung
bestimmten Stellvertreter, Protokoll zu führen.
3) Der Regierungschef hat die Beschlüsse
der Kollegialregierung in Vollzug zu setzen. Nur in dem Falle, als er vermeint,
dass ein Beschluss gegen bestehende Gesetze oder Verordnungen verstosse,
kann er mit der Vollziehung desselben innehalten, jedoch hat er hievon
ohne jeden Verzug die Anzeige an die Verwaltungsbeschwerde-Instanz zu erstatten,
welche, unbeschadet des Beschwerderechtes einer Partei, über den Vollzug
entscheidet.
Art. 91
Zur Vorbereitung der kollegial zu beschliessenden
Angelegenheiten und zur selbständigen Erledigung der durch Gesetz
dafür bezeichneten Geschäfte hat die Kollegialregierung zu Beginn
der Amtsperiode ihre Geschäfte auf den Regierungschef und die Regierungsräte
zu verteilen. Für den Fall der Verhinderung ist eine gegenseitige
Vertretung vorzusehen.
Art. 92
1) Der Regierung obliegt der Vollzug aller
Gesetze und rechtlich zulässigen Aufträge des Landesfürsten
oder des Landtages. Sie erlässt die zur Durchführung der Gesetze
erforderlichen Verordnungen, die nur im Rahmen der Gesetze erlassen werden
dürfen.
2) Die gesamte Landesverwaltung überhaupt
hat sich innerhalb der Schranken der Verfassung und der übrigen Gesetze
zu bewegen, auch in jenen Angelegenheiten, in welchen das Gesetz der Verwaltung
ein freies Ermessen einräumt, sind die demselben durch die Gesetze
gezogenen Grenzen strenge zu beobachten.
Art. 93
In den Wirkungskreis der Regierung fallen
insbesonders:
a) die Beaufsichtigung aller ihr unterstellten
Behörden und Beamten und die Ausübung der Disziplinargewalt über
letztere;
b) die Zuweisung des für die Regierung
und die übrigen Behörden nötigen Personales;
c) die Überwachung der Gefängnisse
und die Oberaufsicht über die Behandlung der Untersuchungshäftlinge
und Sträflinge;
d) die Verwaltung der landschaftlichen
Gebäude;
e) die Überwachung des gesetzmässigen
und ununterbrochenen Geschäftsganges des Landgerichtes und die Anzeigen
wahrgenommener Vorschriftswidrigkeiten an das Berufungsgericht;
f) die Erstattung des jährlich dem
Landtage vorzulegenden Berichtes über ihre Amtstätigkeit;
g) die Ausarbeitung von Regierungsvorlagen
an den Landtag und die Begutachtung der ihr zu diesem Zwecke vom Landtag
überwiesenen Vorlagen;
h) die Verfügung über dringende,
im Voranschlage nicht aufgenommene Auslagen.
Art. 94
Die Verwaltungsorganisation ist mit Gesetz
zu regeln.
B. Der Landesschulrat
Art. 95
Aufgehoben
Art. 96
Aufgehoben
C. Die Verwaltungsbeschwerde-Instanz
Art. 97
1) Soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt,
unterliegen sämtliche Entscheidungen oder Verfügungen der Regierung
dem Rechtsmittel der Beschwerde an die Verwaltungsbeschwerdeinstanz. Dieselbe
besteht aus einem vom Landesfürsten über Vorschlag des Landtages
ernannten rechtskundigen Vorsitzenden und dessen Stellvertreter sowie vier
vom Landtage gewählten Rekursrichtern mit ebensovielen Stellvertretern.
Der Vorsitzende und sein Stellvertreter müssen gebürtige Liechtensteiner
sein.
2) Ihre Amtsdauer fällt mit jener
des Landtages zusammen und endet mit ihrer Neubestellung. Der Landtag hat
in seiner ersten Sitzung für das Amt des Vorsitzenden und des Stellvertreters
Vorschläge zu machen, sowie die Rekursrichter und deren Stellvertreter
zu wählen.
Art. 98
Die näheren Bestimmungen zur Sicherung
richterlicher Unabhängigkeit der Mitglieder der Beschwerdeinstanz
über das Verfahren, über die Ausstandspflicht, über die
Entlohnung und über die von den Parteien zu entrichtenden Gebühren
werden durch ein besonderes Gesetz getroffen.
D. Die Rechtspflege
Art. 99
1) Die gesamte Gerichtsbarkeit wird im
Auftrage des Landesfürsten durch verpflichtete Richter ausgeübt.
2) Die Gerichte sind innerhalb der gesetzlichen
Grenzen ihrer Wirksamkeit und im gerichtlichen Verfahren unabhängig
von aller Einwirkung durch die Regierung. Sie haben ihren Entscheidungen
und Urteilen Gründe beizufügen.
Art. 100
Der Fiskus und die fürstlichen Domänenbehörden
haben vor den ordentlichen Gerichten Recht zu nehmen und zu geben.
Art. 101
1) In erster Instanz wird die Gerichtsbarkeit
durch das Fürstliche Landgericht in Vaduz, in zweiter Instanz durch
das Fürstliche Obergericht in Vaduz und in dritter Instanz durch den
Fürstlichen Obersten Gerichtshof ausgeübt.
2) Die Organisation der Gerichte, das Verfahren
und die Gerichtsgebühren werden durch das Gesetz bestimmt.
Art. 102
1) Das Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten
ist nach den Grundsätzen der Mündlichkeit, Unmittelbarkeit und
freien Beweiswürdigung zu regeln. In Strafsachen gilt ausserdem das
Anklageprinzip.
2) In bürgerlichen Rechtssachen wird
die Gerichtsbarkeit in erster Instanz durch einen oder mehrere Einzelrichter
ausgeübt.
3) Das Obergericht und der Oberste Gerichtshof
sind Kollegialgerichte, deren Mitglieder vom Landesfürsten einvernehmlich
mit dem Landtage über dessen Vorschlag ernannt werden.
4) Die Gerichtsbarkeit in Strafsachen wird
in erster Instanz beim Landgerichte von diesem, allenfalls vom Schöffengerichte,
vom Kriminalgerichte und vom Jugendgerichte ausgeübt.
Art. 103
1) Der Landrichter ist der Vorstand des
Landgerichtes und übt in erster Instanz die Disziplinargewalt über
die nichtrichterlichen Beamten desselben aus.
2) Das Obergericht führt die Oberaufsicht
über die Justizpflege und übt die Disziplinargewalt über
die richterlichen Beamten des Landgerichtes aus; in Disziplinarsachen der
nichtrichterlichen Beamten des Landgerichtes fungiert es als zweite Instanz.
3) Der Oberste Gerichtshof übt die
Disziplinargewalt über die Mitglieder des Obergerichtes und ist zugleich
Beschwerdeinstanz in Disziplinarangelegenheiten der richterlichen Beamten
des Landgerichtes.
E. Der Staatsgerichtshof
Art. 104
1) Im Wege eines besonderen Gesetzes ist
ein Staatsgerichtshof als Gerichtshof des öffentlichen Rechtes zum
Schutze der verfassungsmässig gewährleisteten Rechte, zur Entscheidung
von Kompetenzkonflikten zwischen den Gerichten und den Verwaltungsbehörden
und als Disziplinargerichtshof für die Mitglieder der Regierung zu
errichten.
2) In seine Kompetenz fallen weiter die
Prüfung der Verfassungsmässigkeit von Gesetzen und der Gesetzmässigkeit
der Regierungsverordnungen; in diesen Angelegenheiten urteilt er kassatorisch.
Endlich fungiert er auch als Verwaltungsgerichtshof und als Wahlgerichtshof.
Art. 105
Der Staatsgerichtshof besteht aus einem
Präsidenten und vier weiteren Stimmführern; seine Mitglieder
werden vom Landtage gewählt, und zwar so, dass er mehrheitlich mit
gebürtigen Liechtensteinern besetzt ist; zwei Mitglieder müssen
rechtskundig sein. Die Wahl des Präsidenten, der ein gebürtiger
Liechtensteiner sein muss, unterliegt der landesfürstlichen Bestätigung.
Art. 106
Die Mitglieder des Staatsgerichtshofes
stehen unter dem Schutze der richterlichen Unabhängigkeit.
F. Allgemeine Bestimmungen
Art. 107
Für die Anstellung im liechtensteinischen
Staatsdienste ist, unbeschadet weitergehender Bestimmungen dieser Verfassung,
das liechtensteinische Staatsbürgerrecht erforderlich; Ausnahmen sind
nur mit Zustimmung des Landtages zulässig.
Art. 108
Die Organisation der Behörden erfolgt
im Wege der Gesetzgebung. Sämtliche Behörden sind ins Land zu
verlegen; kollegiale Behörden sind mindestens mehrheitlich mit Liechtensteinern
zu besetzen.
Art. 109
Die Mitglieder der Regierung, die Staatsangestellten
sowie alle Ortsvorstände, deren Stellvertreter und die Gemeindekassiere
haben beim Dienstantritt folgenden Eid abzulegen:
"Ich schwöre Treue dem Landesfürsten,
Gehorsam den Gesetzen und genaue Beobachtung der Verfassung, so wahr mir
Gott helfe."
Art. 109bis
1) Das Land, die Gemeinden und die sonstigen
Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts
haften für den Schaden, den die als ihre Organe handelnden Personen
in Ausübung ihrer amtlichen Tätigkeit Dritten widerrechtlich
zufügen. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff
auf die fehlbaren Personen vorbehalten.
2) Die als Organe handelnden Personen haften
dem Land, der Gemeinde oder sonstigen Körperschaft, Anstalt oder Stiftung
des öffentlichen Rechts, in deren Dienst sie stehen, für den
Schaden, den sie ihnen durch vorsätzliche oder grobfahrlässige
Verletzung der Amtspflichten unmittelbar zufügen.
3) Die näheren Bestimmungen, insbesondere
über die Zuständigkeit, werden durch Gesetz getroffen.
VIII. Hauptstück
Vom
Gemeindewesen
Art. 110
1) Über Bestand, Organisation und
Aufgaben der Gemeinden im eigenen und übertragenen Wirkungskreise
bestimmen die Gesetze.
2) In den Gemeindegesetzen sind folgende
Grundzüge festzulegen:
a) freie Wahl der Ortsvorsteher und der
übrigen
Gemeindeorgane durch die Gemeindeversammlung;
b) selbständige Verwaltung des Gemeindevermögens
und der Handhabung der Ortspolizei unter Aufsicht der Landesregierung;
c) Pflege eines geregelten Armenwesens
unter Aufsicht der Landesregierung;
d) Recht der Gemeinde zur Aufnahme von
Bürgern und Freiheit der Niederlassung der Landesangehörigen
in jeder Gemeinde.
Art. 110bis
1) In Gemeindeangelegenheiten sind alle
in der Gemeinde wohnhaften Liechtensteiner wahl- und stimmberechtigt, die
das 20. Lebensjahr vollendet haben und nicht im Wahl- und Stimmrecht eingestellt
sind.
2) Die Gemeinden können in ihrem Bereich
durch Gemeindeversammlungsbeschluss Liechtensteinerinnen, die die in Abs.
1 genannten Voraussetzungen erfüllen, das Wahl- und Stimmrecht zuerkennen.
IX. Hauptstück
Verfassungsgewähr
und Schlussbestimmungen
Art. 111
1) Die gegenwärtige Verfassungsurkunde
ist nach ihrer Verkündigung als Landesgrundgesetz allgemein verbindlich.
2) Abänderungen oder Erläuterungen
dieses Grundgesetzes, welche sowohl von der Regierung als auch vom Landtage
oder im Wege der Initiative (Art. 64) beantragt werden können, erfordern
auf Seite des Landtages Stimmeneinhelligkeit seiner anwesenden Mitglieder
oder eine auf zwei nacheinander folgenden Landtagssitzungen sich aussprechende
Stimmenmehrheit von drei Vierteln derselben.
Art. 112
Wenn über die Auslegung einzelner
Bestimmungen der Verfassung Zweifel entstehen und nicht durch Übereinkunft
zwischen der Regierung und dem Landtage beseitigt werden können, so
hat hierüber der Staatsgerichtshof zu entscheiden.
Art. 113
Alle Gesetze, Verordnungen und statutarischen
Bestimmungen, die mit einer ausdrücklichen Bestimmung der gegenwärtigen
Verfassungsurkunde im Widerspruche stehen, sind hiermit aufgehoben beziehungsweise
unwirksam; jene gesetzlichen Bestimmungen, die mit dem Geiste dieses Grundgesetzes
nicht im Einklange sind, werden einer verfassungsmässigen Revision
unterzogen.
Art. 114
1) Mit der Durchführung dieser Verfassung
ist Meine Regierung betraut.
2) Die Regierung hat die in dieser Verfassung
vorgesehenen Gesetze mit tunlichster Beförderung zu entwerfen und
der verfassungsmässigen Behandlung zuzuführen.
3) Der gegenwärtige Landtag bleibt
bis Ende dieses Jahres im Amt.
Vaduz, am 5. Oktober 1921
In Vertretung Seiner Durchlaucht, des regierenden
Fürsten Johann II. von und zu Liechtenstein und in dessen, mit Höchstem
Handschreiben vom 2. Oktober 1921 erteilten Auftrage:
gez. Karl
gez. Jos. Ospelt
Fürstlicher Rat
Dem Original der Verfassungsurkunde sind
folgende zwei Schreiben beigeheftet:
Mein lieber Rat Ospelt!
Mit besonderer Befriedigung habe Ich zur
Kenntnis genommen, dass der Landtag Meines Fürstentumes in seiner
Sitzung vom 24. August 1921 einstimmig die neue Verfassung angenommen hat.
Indem Ich diesem Beschlusse Meine landesherrliche
Sanktion erteile, spreche Ich den innigen Wunsch und die Hoffnung aus,
dass, ebenso wie die Vertreter Meines Volkes, sich in der Schaffung dieses
für das Land so bedeutsamen Gesetzgebungswerkes ohne Unterschied der
Partei einträchtig zusammengefunden haben, auch fürderhin der
Geist gleicher Eintracht die Bevölkerung Meines Landes in friedlicher
Arbeit zum dauernden Wohle des Ganzen und aller seiner Teile vereinige
und aus dem altbewährten, auch weiter zu pflegenden Zusammenarbeiten
von Staat und Kirche unter Gottes Schutz auch auf dem Boden des neuen Staatsgrundgesetzes
Meinem Volke und Meinem Lande neues Heil und reicher Segen erblühe.
Gerne hätte Ich selbst, Ihrer Mir
unterbreiteten Bitte stattgebend, die Verfassungsurkunde in Vaduz, dem
Hauptorte Meines Landes, inmitten Meines getreuen und geliebten Volkes
unterzeichnet; zu Meinem herzlichen Bedauern bin Ich durch Gesundheitsrücksichten
im gegenwärtigen Augenblicke hieran verhindert.
Um aber dennoch Meiner Freude über
das Zustandekommen des grossen Reformwerkes Ausdruck und Meinem Lande einen
Beweis Meiner väterlichen Liebe zu geben, betraue Ich im Sinne des
Art. 13 der neuen Verfassung Meinen derzeit im Lande weilenden geliebten
Neffen, Seine Durchlaucht, den Herrn Prinzen Karl von und zu Liechtenstein,
am 5. Oktober ds. Js., dem Tage, an dem Ich durch Gottes gnädige Fügung
Mein einundachtzigstes Lebensjahr zu vollenden hoffe, die Verfassungsurkunde
in Meiner Vertretung in Vaduz zu unterzeichnen.
Zugleich entbiete Ich Meinem geliebten
Volke Meinen landesväterlichen Gruss und spreche allen jenen, die
sich um das Zustandekommen der neuen Verfassung einträchtig und erfolgreich
bemüht haben, aus vollem Herzen Meinen Dank und Meine Anerkennung
aus.
Ich beauftrage Sie, diese Meine Entschliessungen
zur allgemeinen Kenntnis zu bringen.
Felsberg, am 2. Oktober 1921
gez. Johann
gez. Jos. Ospelt
Fürstlicher Rat
Mein lieber Neffe Prinz Karl!
Im Sinne des Art. 13 der vom Landtage Meines
Fürstentums in seiner Sitzung vom 24. August 1921 beschlossenen und
von Mir sanktionierten Verfassung des Fürstentumes Liechtenstein betraue
Ich Euer Liebden damit, die neue Verfassungsurkunde in Meiner Stellvertretung
an Meinem Geburtstage - 5. Oktober 1921 - in Vaduz, dem Hauptorte Meines
Fürstentumes, zu unterzeichnen.
Ich verbleibe Euer Liebden stets wohlgeneigter
und freundwilliger Oheim.
Felsberg, am 2. Oktober 1921
gez. Johann
gez. Jos. Ospelt
Fürstlicher Rat |